
How to make great Gin oder wie wird Gin gemacht?
Jeder sanfte Gin hat eine harte Vergangenheit
Die Zutaten
BeGINnen wir am Anfang (und wir haben uns geschworen, auf diese albernen und schon total durchgekaute Gin-Wortspiele zu verzichten!), und zwar mit den Basiszutaten, die man benötigt, um einen Gin herzustellen.
Das wäre hochprozentiger, fast reiner Alkohol. Vater Alkohol hat ein sehr strenges Händchen in der Herstellung, mit einem Aggressionsgehalt von harten 96 % – also don’t drink and try before it’s Dry. Der Alkohol wird in der Regel aus Getreiden wie Gerste, Roggen, Mais oder Weizen gewonnen – manchmal auch aus Zuckerrüben, Melasse und Kartoffeln. Nichts geht ohne Wacholder: Juniperus (Latein) ist eine festgelegte Zutat für einen Gin. Ohne Wacholder ist es kein Gin. Ein Gin muss einen Alkoholgehalt von mindestens 37,5 % haben.
Wie aber bekommt der Gin seinen charakteristischen Geschmack? Was macht Gin nicht einfach zu einem Schnaps wie Wodka und Co? Seine Botanicals. Die hauchen ihm erst die komplexen Noten ein und machen ihn zu einem Geschmackserlebnis, das man genießen kann und nicht runterstürzen muss. Ein Botanical, das in keinem Gin fehlen darf, ist der Wacholder. Oft kommen dann auch noch Orangen, Limetten- und/oder Zitronenschalen mit rein. Aber auch Gewürze, Pflanzen, Kräuter, Blüten, Schalen und Beeren – whatever. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das ist gut, um immer wieder etwas geschmacklich Neues zu entdecken, aber so mancher Hersteller schießt ab und an mit seinem “außergewöhnlichen” Gin über das Ziel hinaus. Nicht Wasser oder Alkohol sind für einen guten Gin verantwortlich, erst die Botanicals machen aus einem Destillat einen großartigen Gin. Mit den Botanicals wird jeder Gin geschmacklich orchestriert, bis er die gewünschte leichte, hohe, tiefe, erdige, fruchtige oder trockene Note bekommt.

Die Mischung
Hier macht nicht der Ton die Musik, hier machen die Botanicals den Geschmack: Je nachdem, wie die Mischung der Botanicals ausfällt und komponiert wird, entscheidet sich das finale Aroma, die geschmackliche Komplexität und die Textur des Gins. Einige Destillateure schwören in der Herstellung auf Minimalismus und zaubern mit 5–10 Botanicals einen erstklassigen Gin, andere kreieren eher nach dem Motto “mehr ist mehr” und pimpen ihren Gin mit 30 bis 50 oder mehr Botanicals. Jedes Jahr, ach was, jeden Monat werden neue “außergewöhnliche” Botanicals “entdeckt”, um den eigenen Gin von allen anderen abzusetzen. Heute, sagt man, werden wohl über 100 verschiedene Botanicals für die Gin-Herstellung verwendet – gewöhnliche und bekannte Zutaten und ungewöhnliche und völlig unbekannte Botanicals. Die Frage ist: Wo wird das noch hinführen? In ein Gin-Zeitalter, in dem wir voller Begeisterung ständig Neues entdecken, oder in dem wir uns gelangweilt von der gigantischen Flut an neuen Gins abwenden und nach einem neuen Lieblingsgetränk suchen? We will see.
Aber wie genau kommt der Geschmack der Botanicals in den Gin? Dafür hat man verschiedene Methoden erfunden, geprüft und für erfolgreich befunden. Diese wären:
Mazeration
Digestion
Perkolation
Äh – wie bitte? Genau, darum klären wir mal ganz kurz auf:
Aller guten Dinge sind drei bei der Gin-Herstellung
Die Mazeration
Die Mazeration oder das Mazerieren klingt wie malträtieren und tatsächlich ist es nicht weit davon entfernt. Es ist lateinisch und bedeutet: mürbe machen oder auch quälen. Bei der Gin-Herstellung aber passiert den Botanicals das Beste, was ihnen vielleicht passieren kann: Sie werden meistens zerkleinert oder gepresst in einen großen Bottich gegeben und so für mehrere Tage oder Wochen in Alkohol gelagert. Von Quälen also keine Spur. Mürbe machen? Vielleicht ein bisschen. Aber dafür haben die Botanicals eine große, ruhmvolle Zukunft und landen als begehrtes Genussmittel für Gin-Liebhaber in einer hübschen Flasche. Durch die Mazeration geben die Botanicals ihr Aroma an den Alkohol ab. Danach wird das Destillat gefiltert, verdünnt und direkt abgefüllt.
Die Digestion
Bei der Digestion, der bekanntesten Methode, geht es im Gegensatz zur Mazeration etwas heißer zu: Wie bei der Mazeration kommen die Botanicals zusammen mit dem Alkohol in einen Bottich. Dann wird ihnen ordentlich eingeheizt – auf ca. 70 Grad. So werden ätherische Öle und Aromen aus den Botanicals gelöst.
Die Perkolation
Die Methode ist weniger verbreitet. Die Perkolation wird auch als Dampfextraktion bezeichnet. Weil die Botanicals in einen sogenannten Geistkorb (Botanical-Tray) mit Siebeinsatz gefüllt werden, der über der Brennblase in den Geist-helm eingehängt wird. Das Besondere dabei: Diese Botanicals kommen nicht mit dem flüssigen Alkohol in Berührung, nur mit den Alkoholdämpfen, und werden so aromatisiert. Eine Art Sanftgaren. Dadurch ergeben sich besonders feine Noten. Manche Gin-Hersteller kombinieren auch gern die Mazeration und die Perkolation-Methode miteinander.
Digestion, Mazeration, Libération… äh… Perkolation
Die einen Gin-Macher schwören auf die Perkolation, die anderen auf die Digestion und wieder andere stellen verschiedene Gin-Varianten her, wofür sie die Mazeration und die Perkolation kombinieren oder die Digestion. Wie auch immer, wichtig bei jeder Methode ist, so perfekt wie möglich die Aromen der Botanicals in den Gin zu übertragen. Das ist echtes Handwerk und echte Kunst. Dann gibt es noch das gewisse Extra, das sich einige Gin-Macher nicht nehmen lassen: Sie aromatisieren im Nachgang den Gin mit ausgewählten Essenzen. Dafür kommen natürliche Botanicals erst nach der Destillation dazu. Beim Hendrick’s Gin sind das zum Beispiel Rosen- und Gurkenessenzen. Ja, die besten Gin-Macher machen es sich schwer, damit wir es leichter haben, unseren Lieblings-Gin zu finden. Oder wird es dadurch nicht noch schwerer, weil es immer mehr und mehr großartige Gins gibt …? Auf jeden Fall verneigen wir uns vor der Kunst, einen großartigen, wohl orchestrierten Gin herzustellen – wir heben unser Glas auf die Digestion, Mazeration, Libération… äh… Perkolation!